In unserer schnelllebigen Zeit, in der wir von Termin zu Termin hechten, gewinnt das Konzept der Achtsamkeit immer mehr an Bedeutung. Jon Kabat Zinn, Begründer der Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR) Methode bezeichnet Achtsamkeit als eine Lebensphilosophie, die Wurzeln in der buddhistischen Lehre hat und gleichzeitig wissenschaftlich fundiert ist. 

Was ist Achtsamkeit?

Achtsamkeit, oft auch als „Mindfulness“ bezeichnet, ist die Fähigkeit, im gegenwärtigen Moment präsent zu sein, ohne dabei von Vergangenheit oder Zukunft abgelenkt zu werden. Es geht darum, bewusst und ohne Urteil das Hier und Jetzt zu erleben.

Biologisch gesehen wird unser Aktivitätsmodus/Sympathisches Nervensystem, das uns bei gefährlichen oder stressigen Situationen unterstützt, beruhigt und das Ruhemodus/Parasympathische Nervensystem aktiviert. 

Hier werden vor allem die inneren Körperorgane durchblutet und der Körper kann sich regenerieren.

Wie kann ich Achtsamkeit praktizieren?

Du kannst Achtsamkeit auch ohne Training einfach so an jedem Ort praktizieren.

Hier ein paar Vorschläge für den Alltag:

Bewusstes Essen

Schon früher hieß es: ”Kein Fernsehen beim Essen!”, heute wohl eher: “Kein Handy beim Essen”

Bewusst Essen kannst Du auch in der Mensa, Kantine… Auch wenn Du wenig Zeit hast, versuche, wenn möglich, ohne Ablenkung, zu genießen. Achte dabei auf den Geschmack, die Gefühle im Mund (heiß/kalt, hart/weich…) das Aussehen und den Geruch Deines Essens. 

Bewusste Bewegung

Du hast dich beim Hetzen in der Stadt erwischt, obwohl du es gar nicht mehr eilig hast? Genau jetzt kannst du mit dieser Übung beginnen:

Beobachte, wie du dich bewegst. Welcher Teil deines Fußes berührt zuerst den Boden? Wie fühlt sich dein Körper an? Wie fühlt es sich an, wenn du das Tempo veränderst?  Kannst du den Luftstrom oder vielleicht das Wasser, den Regen oder Schnee um dich herum spüren? Den Körper bei der Bewegung zu beobachten bringt uns in einen Zustand in dem der Parasympathikus wieder aktiviert ist.

Bewusstes Beobachten

Schon Kindern wird beigebracht, im Auto sich die Langeweile durch Beobachten zu vertreiben. Eine gute Übung auch für unsere Achtsamkeit. Zähle die Dinge in einer bestimmten Farbe, Tiere oder Pflanzen, die Dir auf Deinem Weg begegnen. So vermeidest Du das Meeting, das vor 4 Stunden schlecht lief, zum 10.mal zu durchdenken.

 Achtsames Atmen

“Tief Durchatmen.” Wer hat den Spruch noch nicht gehört? Nimm dir bewusst Zeit, um tief und ruhig zu atmen. Fokussiere dich dabei auf den Atemfluss und spüre, wie sich dein Körper mit jeder Ein- und Ausatmung bewegt. Die Brust, der Bauch, die Nasenflügel…

Eine kurze Atemmeditation von 3 Minuten findest Du hier: https://youtu.be/p0uUvC68xBk?feature=shared

Nach 1 bis 3 mal kannst Du sie in “brenzligen” Situationen gewiss auch ohne Video spontan anwenden.

Meditation

Von der Achtsamkeitsübung zur Meditation ist es nur ein kleiner Schritt. Die Herausforderung nicht in Dein Gedankenkarusell des Alltags abzutriften ist hier höher als bei den Achtsamkeitsübungen. Aber hier mal was zum anfangen:

Setze dich an einen ruhigen Ort, schließe die Augen und konzentriere dich auf 3 tiefe Atemzüge auf deinen Atem. 

  1. Nimm Deine aktuelle Situation für ca 30s wahr. Wie fühlst Du Dich? Verärgert? Nervös? Ängstlich? Traurig? 
  2. Nimm Dein Befinden im Körper für ca 30s wahr. Sind da Spannungen im Körper? Wo sind sie? Wie fühlen sie sich an? Wie ist Deine Atmung? Im Bauch? In der Brust? Schnell? Langsam?
  3. Spüre Deine Verbindung zur Erde (Füße, Gesäß, Hände auf Boden, Stuhl, Bett). Wie fühlt sie sich an? Hart/weich? Kalt/warm? Eben/Uneben? Atme dabei ruhig in den Bauch oder die Brust für ca 30-60s

Zum Schluss gehe die Punkte 1-3 nochmals durch und nehme wahr, wie sich jetzt alles anfühlt. 

Besser? Dann sei Dankbar dafür, dass Du Dir die Zeit für Dich genommen hast.

Schlechter? Kann ich mir nicht vorstellen, mehr dazu im Kapitel Negativitätsbias

Bitte prüfe, ob Du vielleicht mehr Ruhe brauchst oder eine andere Achtsamkeitsübung für Dich besser ist.

Auswirkung auf Dein Befinden

Normalerweise haben Achtsamkeitsübungen und Meditation, bei Training von mindestens 3 Minuten täglich, eine positive Auswirkung auf das tägliche Leben:

  • Mehr Präsenz und Bewusstheit im Alltag
  • Aktivierung des Parasympathikus, Entspannung Körper und Geist
  • Bessere Konzentrationsfähigkeit
  • Stressresilienz
  • Gelassenheit
  • Den Augenblick genießen können, die Freude kann wieder besser gespürt werden
  • Bewusstheit über die Wahl der eigenen Gedanken
  • Bewusstheit der Wahl der eigenen Gefühle
  • mehr Lebensqualität

Achtsamkeit hat sich als wirksame Methode zur Reduzierung von Stress erwiesen. Sogar Rehakliniken wenden die Methodik in der ein oder anderen Form an und Krankenkassen bezuschussen Achtsamkeitskurse. Inzwischen finden sich auch Lehrer, die in Schulen die positive Wirkung für die Schüler und sich nutzen.

https://deutsches-schulportal.de/schule-im-umfeld/welche-wirkung-hat-achtsamkeitstraining-in-der-schule/

Negativitätsbias

Den Effekt des Negativitätsbias kennen wir alle. Wir neigen dazu, negative Stimulation schneller  wahrzunehmen und sich besser zu erinnern als bei positiven.

Das Phänomen des Negativitätsbias geht zurück auf unsere prähistorische Konditionierung. Er hat den Sinn, dass wir Gefahrensituationen schnell registrieren oder erinnern. Wenn die Beeren von dem einen Strauch der frühen Sammler Bauchweh machten, war es gut zu sich zu erinnern, welcher Strauch das war.

Doch dem können wir gegensteuern. Je geübter wir sind, Dinge ohne Wertung wahrzunehmen, die Dinge zu reflektieren und uns bewusst zu entscheiden, wie wir auf die Situation reagieren, umso weniger sind wir dem Negativitätsbias ausgeliefert.

Ein Beispiel: 

Der Praktizierende fragt sich, was die Achtsamkeitsübung bewirken soll. Es erscheint ihm zu banal oder er fragt sich, ob er die Übung denn richtig macht.

Diese Wahrnehmung kann sich dann in Unruhe, Trägheit, Widerwillen oder einem Verlangen zeigen.

In der Unruhe des Praktizierenden schwirren seine Gedanken des Tages durch den Kopf.

Die Trägheit möchte ihn am liebsten einschlafen lassen.

Der Praktizierende verspürt Widerwillen, sieht die Übung als sinnlos und möchte lieber Wichtigeres erledigen.

Oder er möchte jetzt am liebsten etwas essen, putzen, joggen…

Hört sich für Dich jetzt Achtsamkeitstraining wie Arbeit an? Dein Negativitätsbias leistet gute Arbeit. 

Denke daran, Achtsamkeit kann zwar kurzfristig helfen. Vielmehr ist sie eine lebenslange Reise zu mehr innerer Ruhe und Wohlbefinden. Regelmäßiges Achtsamkeitstraining kann positive Auswirkungen auf die mentale, emotionale und physische Gesundheit haben. 

Indem Du bewusst im gegenwärtigen Moment verweilst, kannst Du zu innerer Ruhe und Freude finden.

Viel Spaß dabei.

Frauke von Mein Weg, https://www.coachmeinweg.com/